In der schnelllebigen Welt der Technologie hat Sam Altman, der Kopf hinter OpenAI, erneut für Aufsehen gesorgt. Sein Projekt Worldcoin, das nun unter dem Namen "World" firmiert, verspricht eine Zukunft, in der die Iris eines jeden Menschen zum digitalen Ausweis wird. Herzstück des Unterfangens ist der sogenannte "Orb", eine futuristische Kugel, die mit Hilfe biometrischer Verfahren die Identität von Personen überprüfen soll.
Die Idee hinter Worldcoin entstand bereits im Jahr 2019, als Altman begann, sich mit der Verifizierung von Identitäten im Zusammenhang mit universellen Grundeinkommen auseinanderzusetzen. Gemeinsam mit dem Technologen Alex Blania entwickelte er die Vision einer Welt, in der Menschen mithilfe modernster Iris-Scan-Technologie einzigartige, digitale Token erhalten, die ihre Authentizität belegen. Vor dem Hintergrund der rasanten Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz sollte Worldcoin eine Möglichkeit bieten, Menschen zweifelsfrei von Bots zu unterscheiden.
Auf einer Veranstaltung in San Francisco enthüllten Altman und Blania kürzlich die neueste Version des Orbs. Die neue Generation des Geräts ist kleiner und mit einem weißen Gehäuse versehen. Im Inneren arbeitet nun ein leistungsstarker Nvidia Jetson Chip, der laut Tools for Humanity, der Stiftung hinter Worldcoin, eine fünffach höhere KI-Leistung ermöglicht. Damit soll die Identitätsprüfung noch schneller und effizienter werden.
Doch Worldcoin geht noch einen Schritt weiter: Ab dem kommenden Jahr soll der Orb in Lateinamerika auf Abruf verfügbar sein. Über eine Partnerschaft mit der Liefer-App Rappi können sich Nutzer das Gerät direkt an die Haustür bestellen, ihre Iris scannen lassen und sich so im World-Netzwerk registrieren. Nach dem Scanvorgang wird der Orb wieder abgeholt.
Darüber hinaus plant World die Eröffnung von Scan-Zentren in Buenos Aires und Mexiko-Stadt. Auch die Integration des Orbs in Geschäften und Cafés ist denkbar. Schon heute gibt es weltweit 333 Standorte, an denen man den Orb finden und seine Iris scannen lassen kann.
Die Speicherung und der Schutz der sensiblen biometrischen Daten stehen bei Worldcoin natürlich im Mittelpunkt. Laut Blania werden die Iris-Scans verschlüsselt und ausschließlich auf den lokalen Geräten der Nutzer gespeichert. Die Daten verlassen das Gerät zu keinem Zeitpunkt.
Neben dem Orb wurde auch die dazugehörige World App überarbeitet und um neue Funktionen erweitert. So soll die App künftig in der Lage sein, mehrere hundert Millionen Nutzer gleichzeitig zu verwalten. Derzeit gibt es bereits sieben Millionen Menschen, die sich ihre Identität mit dem Orb haben bestätigen lassen.
Eine weitere Neuerung ist die Funktion "Deep Face". Mit dieser Technologie sollen sich Nutzer in Zukunft vor Betrug bei Videoanrufen schützen können. Deep Face soll in der Lage sein, die Identität des Gesprächspartners zu überprüfen und so vor Deepfakes zu warnen. Ob und wie genau Deep Face mit gängigen Videochat-Anwendungen wie FaceTime, WhatsApp und Zoom kompatibel sein wird, ist allerdings noch unklar. Bisher gibt es keine offiziellen Partnerschaften mit den jeweiligen Anbietern.
Obwohl Worldcoin seinen Ursprung in der Welt der Kryptowährungen hat, wurde der Begriff "Krypto" auf der Veranstaltung in San Francisco eher selten verwendet. Stattdessen betonten Altman und Blania die Bedeutung der Blockchain-Technologie für World. So soll das Projekt auf einem eigenen Blockchain-Netzwerk basieren, das speziell für die Verwaltung digitaler Identitäten entwickelt wurde.
Langfristig soll World zum größten Finanznetzwerk der Welt heranwachsen, so Blania. Inspiriert vom Erfolg von PayPal wollen Altman und Blania ein ähnliches Netzwerk für Token aufbauen und damit den Zahlungsverkehr revolutionieren.
Die Nutzung des Orbs und der World App ist derzeit kostenlos. Auch Tools for Humanity selbst ist nicht gewinnorientiert und finanziert sich durch Risikokapital. Der Fokus liegt zunächst auf dem Ausbau des Netzwerks und der Gewinnung neuer Nutzer. Langfristig könnte Worldcoin jedoch durch Transaktionsgebühren Einnahmen generieren.
Aufgrund der unsicheren Rechtslage im Bereich der Kryptowährungen konzentriert sich Tools for Humanity bei seinen Expansionsplänen zunächst auf Länder außerhalb der USA. In den Vereinigten Staaten werden zwar Iris-Scans durchgeführt, es werden jedoch keine Krypto-Token generiert.
In der Vergangenheit geriet Worldcoin aufgrund fragwürdiger Methoden bei der Rekrutierung von Nutzern für Iris-Scans in die Kritik. Blania räumte ein, dass es in der Anfangsphase des Projekts zu Fehlverhalten gekommen sei, und versicherte, dass Worldcoin nun großen Wert auf eine transparente und einvernehmliche Datenerhebung lege.
Dennoch bleiben auch weiterhin datenschutzrechtliche Bedenken. Behörden in Deutschland, Brasilien, Indien, Südkorea und Kenia haben bereits Untersuchungen gegen Worldcoin eingeleitet. Kenia setzte die Registrierung neuer Nutzer zwischenzeitlich komplett aus, Südkorea verhängte eine Geldstrafe gegen das Unternehmen. Worldcoin selbst stellte seine Dienste in Indien, Brasilien und Frankreich vorerst ein.
Ob sich Worldcoin als globales Identitäts-Netzwerk durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Das Projekt steht noch am Anfang und sieht sich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, darunter datenschutzrechtliche Bedenken, regulatorische Hürden und die Konkurrenz durch etablierte Identifikationsverfahren. Die Vision einer Welt, in der die Iris zum digitalen Ausweis wird, ist jedoch ebenso faszinierend wie umstritten.
- Wired: https://www.wired.com/story/worldcoin-sam-altman-orb/
- San Francisco Chronicle: https://www.sfchronicle.com/tech/article/sam-altman-orb-ai-worldcoin-19844672.php
- Forbes: https://www.forbes.com/sites/richardnieva/2024/10/17/sam-altmans-worldcoin-world-rebrand/
- Forbes: https://www.forbes.com/sites/richardnieva/2023/08/10/worldcoin-sam-altman-identity-crisis/
- NFT Now: https://nftnow.com/news/sam-altman-launches-worldcoin-eyeball-orb-initiative/
- Wall Street Journal: https://www.wsj.com/tech/sam-altman-openai-humanness-iris-scanning-4d0e1dab
- Decrypt: https://decrypt.co/150961/show-your-face-to-the-orb-eyes-on-with-sam-altmans-worldcoin