Im digitalen Zeitalter, in dem soziale Medien und Online-Plattformen eine immer größere Rolle einnehmen, hat sich auch die Art und Weise, wie Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Publikationen geteilt und wahrgenommen werden, grundlegend gewandelt. Insbesondere die Nutzung von sozialen Netzwerken durch einflussreiche Persönlichkeiten, sogenannte Influencer, hat eine neue Dimension der Wissenschaftskommunikation eröffnet. Diese Entwicklung wirft die Frage auf, wie sich die Sichtbarkeit und der Einfluss von Forschungsarbeiten im Laufe der Zeit verändern, wenn sie von solchen Schlüsselfiguren geteilt werden.
Ein aktuelles Beispiel für diese Veränderungen ist die Rolle von sozialen Medien-Influencern in der Verbreitung von Forschungsergebnissen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI). In einer kürzlich durchgeführten Studie wurden die Aktivitäten zweier einflussreicher Benutzer der Plattform 𝕏 (ehemals Twitter), AK (@_akhaliq) und Aran Komatsuzaki (@arankomatsuzaki), untersucht, um zu verstehen, wie ihre Aktivitäten zur Sichtbarkeit und Anerkennung wissenschaftlicher Arbeiten beitragen.
Die Studie analysierte mehr als 8.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen, die zwischen Dezember 2018 und Oktober 2023 von diesen beiden Influencern geteilt wurden. Sie stellte fest, dass die Arbeiten, die von diesen Persönlichkeiten empfohlen wurden, eine signifikant höhere Anzahl an Zitierungen aufwiesen – mit einem Median, der zwei- bis dreimal höher lag als bei der Kontrollgruppe. Diese Erkenntnisse unterstreichen nicht nur die wachsende Bedeutung von sozialen Medien in der wissenschaftlichen Kommunikation, sondern betonen auch die Notwendigkeit einer ausgewogenen und verantwortungsvollen Kuratierung von Forschungsinhalten.
Die Studie zeigt auf, dass die von AK und Komatsuzaki geteilten Papiere nicht notwendigerweise von höherer Qualität sind, wie es die ähnlich verteilten Konferenzbewertungsergebnisse belegen. Stattdessen scheint die Wahrnehmung und das Teilen durch die Influencer selbst einen starken Einfluss auf die Zitierhäufigkeit zu haben. Die Autoren der Studie schlagen daher vor, dass Konferenzorganisatoren und die akademische Gemeinschaft insgesamt eine Diskussion darüber führen sollten, wie das Konferenzsystem weiterentwickelt werden kann, um die Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus der zunehmenden Anzahl an Einreichungen ergeben und um sicherzustellen, dass qualitativ hochwertige Forschung effektiv anerkannt und verbreitet wird.
Neben der Analyse der Zitierhäufigkeit beleuchtet die Studie auch die geografische, geschlechtsspezifische und institutionelle Vielfalt der hervorgehobenen Autoren. Sie unterstreicht die Bedeutung einer ausgewogenen und vielfältigen Kuratierung, die unterschiedliche Forschungsthemen, Autoren und Institutionen berücksichtigt.
Die Untersuchung zeigt auch, wie die Nutzung von Preprint-Servern wie ArXiv innerhalb der KI-Gemeinschaft die Verbreitung von Forschungsergebnissen beschleunigt hat. Durch die Möglichkeit, Forschungsergebnisse bereits Monate vor der offiziellen Veröffentlichung zugänglich zu machen, verändern sich die Relevanz und der Empfang dieser Arbeiten in traditionellen akademischen Foren.
Die Rolle von sozialen Medien als Forum für wissenschaftliche Kommunikation ist seit über einem Jahrzehnt Gegenstand von Studien. Frühere Arbeiten haben eine statistisch signifikante Beziehung zwischen der Präsenz auf Twitter und der Anzahl der Zitierungen in verschiedenen Bereichen gezeigt. Doch die vorliegende Studie konzentriert sich auf die gezielte Verbreitung durch einzelne Influencer mit einer viel größeren Anzahl an Followern als bisher untersucht. Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Einflusses von sozialen Medien auf die Verbreitung und Wahrnehmung wissenschaftlicher Forschung.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Studie wichtige Einblicke in die sich verändernde Landschaft der akademischen Kommunikation bietet und die Rolle von Influencern bei der Steigerung der Sichtbarkeit von Forschungsergebnissen hervorhebt. Sie betont die Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Macht dieser neuen Kuratoren und schlägt vor, dass die akademische Gemeinschaft sich aktiv an der Gestaltung einer ausgewogenen und vielfältigen Forschungslandschaft beteiligt.